Mittwoch, 23. Dezember 2015

Elena Levtchenko, Tour Moldawien:



Mein Einsatz beim Weihnachtspäckchenkonvoi war sowohl sehr lange geplant als auch sehr spontan.
Als ich von Sebastian Friedsam vor ein paar Jahren erfahren habe, dass er mit dem Konvoi in die Ukraine fährt, war ich „extrem neidisch“. ER fährt in die Ukraine, um die Geschenke an die armen Kinder zu verteilen, und ICH tue nichts dergleichen. Aber es hat schon ein paar Jahre gedauert, bis ich am 2. Dezember 2015 mich dabei ertappt habe, wie ich mich zum Konvoi anmelde, Richtung Moldawien, ohne besondere Hoffnung auf Erfolg: Es sind ja schließlich 178 andere Personen in der Liste...
Jedenfalls ahnte ich nichts, als direkt am nächsten Morgen mein Handy klingelte, Tommy mich nach meinen Gründen ausfragte und unmittelbar alles für meine Mitfahrt nach Moldawien organisiert hat.
Ihr hättet die Augen meines Mannes sehen sollen: „Wie... du fährst morgen nach Moldawien?..“. Und schon saß ich im Bus mit 30 mir noch vor ein paar Tagen unbekannten Menschen.
Moldawien – mein Heimatland, in dem ich die Hälfte meines Lebens verbracht habe, - war zu den sowjetischen Zeiten eine der reichsten Republiken. Und aktuell – eins der ärmsten Länder Europas.
Eine Woche in Moldawien – gefühlte vier Wochen meines Lebens.
Zurück aus Moldawien habe ich sehr viele Eindrücke mitgebracht. Wie die Kinder sich auf die Geschenke freuen. Wie das Gesicht einer jungen Mutter, selbst noch ein Kind, sich erleuchtet, als ihre vier Kinder Geschenke bekommen. Wie ein Bürgermeister eines sehr armen Dorfes, mit Tränen kämpfend, die Hände von Peter geschüttelt und sich für die Geschenke bedankt hat. Er hat sich dafür bedankt, dass wir Ihm in so schweren Zeiten helfen. Aber wenn sich die Zeiten ändern würden – und dass die Zeiten sich schnell ändern können, das haben die Menschen in allen jehemaligen Sowjetrepubliken erlebt, – würde er den Deutschen auch helfen. Auf jeden Fall.
Zurück aus Moldawien habe ich das Gefühl der Bewunderung mitgebracht. Bewunderung für die Menschen, die im Laufe des Jahres Geschenke sammeln, verpacken, sortieren, lagern; die sich um die Spenden und Transport kümmern; die die LKWs und Reisebusse spenden; die sich im Dezember einen unbezahlten Urlaub nehmen und alle Kosten für Hotel und Essen selbst tragen; die die Strapazen einer langen Busfahrt auf sich nehmen, um Geschenke zu verteilen; und das Ganze – für die leuchtenden Kinderaugen. Bewunderung für die Menschen, die in Moldawien leben, wie Ivan Smolin und Marin Besliu, die eine wohltätige Organisation „Perle“ gegründet haben, um den Kindern eine Alternative für die Straße zu bieten. Die ausserdem oft unterwegs sind, Familien besuchen, um rauszufinden, welche Hilfe benötigt wird. In den Tagen nach unserem Besuch hatten sie vor, 10 Haushalte mit Brennholz für den Winter zu beliefern.
Zurück aus Moldawien habe ich jede Menge Traurigkeit mitgebracht. Ein ganz großes Problem in Moldawien sind die verlassenen Kinder. Die Eltern sind im Ausland, um das Geld zu verdienen. Die Kinder bleiben zu Hause, mit Großeltern. Im besten Fall können sich die Großeltern um die Kinder kümmern, im Normallfall ist es umgekehrt - die Kinder kümmern sich um sie. Nach ein paar Jahren leben sich die Ehepaare auseinander, gründen ihre eigenen Familien. Die zurückgelassenen Kinder brauchen sie nicht mehr. Irgendwann sind auch die Großeltern nicht mehr da. Marin und Ivan suchen nach solchen Kindern. Marin hat so ein Mädchen vor etwa drei Jahren selbst adoptiert. Und siebzehn solche Kinder nach Chisinau in ein Kinderheim gebracht.
Zurück aus Moldawien habe ich einen sehr größen Wunsch mitgebracht. Ich wünsche mir zu Weihnachten, dass ich die Kraft habe, nicht nur in der ersten Dezemberwoche etwas Gutes zu tun. Damit ich auch im Laufe des Jahres Geschenke und Geld sammeln kann. Damit ich noch mal mit dem Weihnachtspäckchenkonvoi mitfahren darf.

Euch allen besinnliche Feiertage
Elena

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