Montag, 8. Januar 2018

Stefan Fross und die neuen Dächer von Silivas:

Stefan Fross
Rumänien im Dezember 2017 – es ist kurz vor Weihnachten...
Anfang Dezember haben Freunde des „Weihnachtspäckchenkonvoi“ 650 Weihnachtsgeschenke nach Ocna Mures gebracht - einem Ort mit rund 10.000 Einwohner, gelegen zwischen Cluj-Napoca und Alba Iulia. Empfänger der Päckchen ist Attila Pal, Leiter des Kinderheimes „Casa Sanctuary“. Er verteilt die Geschenke aus Deutschland an Kinder in Ocna Mures und in den Dörfern Silivas, Cistei und Unirea.
Es ist der 16. Dezember als ich in Ocna Mures eintreffe. Seit einigen Jahren bin ich für Kinder in Rumänien aktiv und freute mich über den Besuch von Tommy Führer, der eigens für die Verteilung der 650 Weihnachtspäckchen aus Deutschland angereist kam. An diesem Tag findet in einem Gotteshaus die Weihnachtsfeier statt. Auf dem Weg dorthin gibt es eine Küche, die für die rund 400 Kinder der oben genannten Dörfer viermal in der Woche ein Mittagessen zubereitet. Häufig die einzigen warmen Mahlzeiten, die die Kinder erhalten. Vor der Küche steht eine junge Frau, die einen fünf Liter Eimer bei sich hat. Sie hofft auf ein wenig Suppe für sich und ihre Familie. Ihre Hoffnung geht in Erfüllung – in Rumänien, einem EU-Land...

Die Weihnachtsfeier mit rund 250 Kindern ist wundervoll. Es wird zusammen Musik gemacht und gesungen und für die Gäste aus Deutschland gibt es eine besondere Aufführung. Im Anschluss daran verteilt Tommy die Weihnachtspäckchen an die Kinder und Jugendlichen. Es sind häufig die einzigen Geschenke, die die Kinder zu Weihnachten erhalten. Freude, Lachen, leuchtende Kinderaugen – unbeschreibliche Momente in Ocna Mures, waren doch noch im letzten Jahr als Geschenk den Kindern eine Tüte mit einer Mandarine und etwas Süßem gereicht worden.
Nach der Weihnachtsfeier geht es nach Silivas. Dort werden die Päckchen durch Attila Pal am 20.12. verteilt. Silivas ist ein kleines Dorf, 10 km von Ocna Mures entfernt. Dort leben rund 300 Einwohner in Verhältnissen, die an Slums erinnern. Die Hütten, in denen die Menschen wohnen, haben kein fließend Wasser und keine Heizung. Die hygienischen Verhältnisse sind verheerend und in den kalten Wintermonaten erfrieren manchmal Kinder hier im Dorf Silivas.

Bis vor wenigen Monaten besaßen die Hütten kein festes Dach, sondern waren meist mit einer dünnen Folie gedeckt. Dank der Unterstützung von vielen Spendern konnte ich noch im letzten Jahr mit einem kleinen Projektteam für ein festes Dach auf 41 Hütten sorgen. Auch wenn die Situation in Silivas jetzt ein wenig besser wird, ist man immer noch fassungslos. Tommy war sichtlich bewegt und wollte/ konnte sich den Zustand in den Häusern gar nicht mehr ansehen. Das bis dahin erlebte musste er wohl auch erst einmal verarbeiten.
Nach unserem Besuch zeigt uns Attila Pal das Kinderheim „Casa Sanctuary“. Hier leben aktuell rund 40 Kinder und Jugendliche in einem familiären Umfeld. Die finanzielle Situation ist prekär. Da der rumänische Staat pro Tag und pro Kind nur einen Euro zur Verfügung stellt, jedoch acht Euro benötigt werden, ist das Kinderheim auf Spenden angewiesen. In 2016 sind einige Spender weg gefallen, so dass die Mitarbeiter auf Gehalt verzichten müssen, damit man sich nicht von einzelnen Kindern trennen muss. Bedrückt und traurig verlassen Tommy und ich Ocna Mures. mit der Gewissheit: Hier muss noch geholfen werden!
Am nächsten Tag sind wir in Petresti unweit von Sebes. Hier betreibt der Deutsche Matthias Müller seit 1999 das Kinderheim „Casa Onisim“. Aktuell leben rund 80 Kinder hier. Die Kinder kommen aus ähnlichen Verhältnissen wie in Silivas und finden in Petresti ein neues zu Hause. Schicksale, die wir uns kaum vorstellen können. Vor einiger Zeit hat Matthias Müller drei Geschwister aufgenommen, deren drei Brüder und Schwestern verhungert waren – in Rumänien, einem EU-Land...
Wie schon in Ocna Mures ist der Empfang herzlich. Alle Kinder in der „Casa Onisim“ sprechen deutsch und die Verständigung ist einfach. Es wird gelacht und die Kinder zeigen uns ihre Zimmer. Es macht viel Freude, mit den kleinen und großen Bewohnern zu plaudern.
Auch die „Casa Onisim“ lebt von Spenden. Jedes Jahr werden rund 250.000 Euro benötigt. Viel Geld, jedoch ein kleiner Beitrag für die Zukunft von 80 Kindern.
Mit vielen Eindrücken geht es heim nach Deutschland. Überall sind wir herzlich begrüßt und empfangen und trotz aller Armut reich beschenkt worden. Mit Wärme, mit Zuneigung, mit einem Lachen. Wir werden wieder kommen, zu den Kindern nach Ocna Mures und Petresti.

Stefan Fross

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen