Dienstag, 27. Dezember 2011

Konvoi2011 Bericht von Erich Feller, OT74 Hanau

Als alter Tabler und dann auch noch 74er, der Tommy schon mindestens 20 Jahre kennt, sind mir die Konvois, die am Samstag vor dem zweiten Advent starten, recht bekannt. Selbst war ich allerdings meist an der Vorbereitung und Durchführung des am zweiten Advent stattfindenden Weihnachtsmarktes im Schloßhof Emmerichshofen engagiert. Dort waren sowohl der LC, der RT und der OT mit eigenen Ständen mit überwiegend Glühwein und Essbarem vertreten.

Mir ging es immer mal wieder durch den Kopf, besonders wenn Tommy beim Tischabend seine Erlebnisse mit den Kindern in Rumänien schilderte, doch mal bei so einer Fahrt mitzumachen, aber gezündet hatte es beim Konvoi_2010, als Karlheinz, mein sonst so zuverlässiger Partner im Schneewein-Ausschenken (übrigens ein "Gebräu" speziell des OT74, das wiederholt Konsumenten der vergangenen Jahre anzog, die den Verdacht hatten, daß darin eine süchtig machende Ingredienz enthalten sei, was ich aber mit Wissen und deshalb Entschiedenheit ablehnen konnte, das Zeugs schmeckt einfach) in Emmerichshofen sagte, daß er bei der ersten Fahrt nach Odessa dabei sei. Es war auch der erste Konvoi, den die Serviceclubs (LC+RT)+OT organisatorisch alleine stemmten, und dann gleich noch zusätzlich der wesentlich weitere erste Trip nach Odessa. Da wollte ich wenigstens am Samstagvormittag dabei sein, wenn der Konvoi verabschiedet wurde, und auch ein paar Aufnahmen machen. Tommy gab mir noch den Tip mit dem Parkplatz Neuwirtshaus, und als ich die Karawane hinter dem Blaulicht herankommen sah, an der Spitze der 40-Tonner von Joe Nowotny mit Tommy am Steuer, schoß mir nach dem ersten Fanfarenstoß das Augenwasser in den Sucher der Kamera, und das erste Bild war völlig verschwommen; ich finde, das ist das beste Bild, das ich vom Konvoi gemacht habe. Eine Fahrt ins Ungewisse bei diesem Schnee und der Kälte, aber eines war mir gewiß: beim nächsten Konvoi bin ich mit dabei.

Wann, wenn nicht jetzt? Das erklärte ich auch Sebastian, dem Ältesten unseres Gründungs-Aktivisten von OT74, Engelbert, als er mich nach meinen Gründen für die Teilnahme fragte. Wenigstens einmal mußte ich dabeisein. Und er hat sich immer wieder bei unseren Wanderungen durch Odessa von der Gruppe zurückfallen lassen, wenn ich wieder mal etwas zu lange mit Fotografieren beschäftigt war, um mir den Anschluß zu sichern. Danke dafür.

Die Hinfahrt ist von meinen Vor-Bloggern ja schon beschrieben worden, insbesondere die Situation der Vorbeifahrt an einer 14 km langen wartenden LKW-Schlange vor dem ukrainischen Zoll, den wir mit Sondergenehmigung elegant umfahren konnten. Ich möchte ergänzen, daß es in der ersten Nacht eine "Fete" gab; im nachhinein bewundere ich die Leistungsfähigkeit der Lebern Einiger, die z.B. wie Frank nach 3 Stunden Kurzzeit-Koma" (Schlaf war das keiner) mit der Kamera vorne neben dem Fahrer des Busses saß und den Sonnenaufgang fotografierte. Dafür allerdings mußte er in der kommenden Nacht Buße zahlen mit einem (notwendigen) Regenerationsschlaf, so daß ich am zweiten Morgen auf der Anfahrt nach Odessa den schönsten der Sonnenaufgänge unserer Tour fotografieren konnte. Mit Fotos z.B. von dem Krähenschwarm und der Frau mit Kinderwagen und Hund auf der Autobahn, aber das kann sich ja jeder selbst ansehen.

Dann vor der Zollstelle in Odessa, wir Spanner standen vor einem Gulli ohne Deckel, um auf einen Crash zu warten, und tatsächlich, nachdem uns ein Lada-Fahrer wegen unserer roten Jacken zu lange angestarrt hatte, knallte er mit seiner Kiste mit beiden Rädern einer Spur exakt in das Loch. Er zuckte nicht einmal auf, und zu meiner größten Verwunderung steckte seine Kiste dies ohne weitere Gebrechen, wie abgerissene Räder mit Aufhängung, weg und fuhr weiter. Das war kein Elchtest, das war ein Elefantentest, aber bestanden.

Und Odessa. Solche Strassen, solche Schlaglöcher sah ich bislang noch nicht. Und darüber hinweg schwebten junge Frauen auf Stöckelschuhen über 10 cm hoch, als wäre das alles Watte. Unglaublich. Auch unglaublich die Warterei auf die Trucks, wann die der Zoll endlich freigab. Es fehlte offenbar eine Unterschrift mit Stempel aus Kiew, ist da nun jemand per Nachtzug extra nach Kiew gefahren? Ich weiß es nicht. Aber die Warterei war angefüllt mit erhebenden und ständig wechselnden Treffen und Sitzungen mit korrigierten Szenarien, was wäre wenn, ja wenn endlich die Trucks vom Zoll freikämen. Und mit gemeinsamen Besuchen von Restaurants und auch des Marktes von Odessa, bei denen man einen guten Einblick in Kultur und Lebensweise der Menschen in der Ukraine bekommen konnte. Schon am Anfang wurde uns von Pastor Andreas der DELKU die nach einem Brand frisch aufgebaute Kirche St. Pauls gezeigt, nach meiner Einschätzung die schönste evangelische Kirche nach der Frauenkirche in Dresden. Und in der wir eine Abendandacht hören durften, die mir in Erinnerung bleiben wird.

Dann, am Donnerstag morgen die gute Idee, wenigstens das Kinderdorf in Mykolaivka,in einer ziemlich abgeschnittenen Gegend 130 km südlich von Odessa zu besuchen, und das an die Kinder zu verteilen, was wir im Bus hatten. Da konnten wir sehen, welche Wichtigkeit solche Aktionen wie der Konvoi für diese Kinder hat, die in diesem Kinderdorf noch besonders bevorzugt leben, zur Schule oder in den Kindergarten gehen können. Bekam es gerade während dieser Zeit eine weitere Auszeichnung für besonders gute Führung des Kinderdorfes. Martina hat über ein besonderes Schicksal eines 5-Jährigen berichtet, der seit einiger Zeit im Kinderdorf lebt. Trotz der noch im Zoll verharrenden Pakete konnten wir den Kindern mit den mitgebrachten vor allem Süßigkeiten eine große Freude machen, vielleicht noch größer war die Freude und das Engagement bei einigen Kindern, die mit unseren Kameras selbst Aufnahmen machen konnten, und wir haben ganz interessante Ergebnisse auf unseren Kameras finden können.

Dann die erlösende Nachricht, die Trucks wären aus dem Zoll und stünden vor der Kirche zum Entladen. Endlich, und auch zum allerletzten Zeitpunkt. So blieben uns noch gut 4 Stunden, um die Päckchen in ihren zwischen 10 und 25 kg schweren Umkartons entladen zu können. Da es weder Rampe noch Eidechsen zur Entladung gab, natürlich alles in Handarbeit. Ich kann hier nur Bewunderung für unsere Frauen aussprechen, die sich teils bis zur Erschöpfung beim Entladen verausgabten und unseren Truck-Fahrern, die nach diesem Kraftakt ohne weitere Pause die Cockpits besetzten und die 2.300 km lange Heimfahrt antraten.

Nach einigen Aufenthalten an der Grenze zu Polen und einem tragischen Verkehrsunfall auf dem Weg nach Krakau, bei dem einige aus dem Bus bis zum Eintreffen des Krankenwagens und der Polizei den Verkehr regelten und - leider erfolglose - Erste Hilfe leisteten, trafen wir am Samstag Nachmittag alle wohlbehalten wieder an unserem Startpunkt in Hanau-Wolfgang ein.

Es war für mich eine wertvolle Erfahrung, und ich möchte das nächste Mal wieder dabei sein, sofern es irgend geht.

Erich Feller
OT74 Hanau

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