Als ich Anfang Oktober 2019 den Aufruf über die Fahrersuche für einen Hilfstransport bei Facebook gelesen habe, dachte ich: „Das ist genau das was du schon immer einmal erleben wolltest!“ also ran an die Tasten und die erste Kontaktaufnahme per E-Mail erfolgte.
Kurze Zeit
später klingelte auch schon das Telefon. Auch wenn sich inzwischen ein Fahrer
gefunden hatte, wie mir Christian mitteilte, wollte ich trotzdem an der Sache
dranbleiben und wir tauschten die Kontaktdaten aus und Christian sagte: „wir
melden uns auf jeden Fall bei dir“.
Es war spät
am Abend des 2. März 2020, als das Telefon klingelte. Christian war wieder dran und sagte, dass
wieder ein Fahrer kurzfristig ausgefallen sei und er wieder dringend Ersatz brauche.
Nach kurzem Überlegen sagte ich zu und am 5. März ging es schon in Kirchheim
los
Ringo - der Mann mit der gelben Jacke. |
Dort habe
ich fix die Zugmaschine übernommen und in Eisenach bei Raben einen Auflieger
abgeholt und dort Uwe mit dem anderen LKW getroffen mit welchem ich die Tour
zusammen bestreiten sollte – auch wenn wir uns vorher nicht kannten, verstanden
haben wir uns von Anfang an.
Gemeinsam
sind wir bis Hildesheim gefahren, wo Ingo den anderen LKW zum Vorladen der
Hilfsgüter in Bielefeld übernommen hat. Ab diesem Zeitpunkt waren Uwe und ich
ein Team. Unser nächstes Ziel war Süderlügum, direkt an der dänischen Grenze,
wo wir gegen Mitternacht ankamen.
Am nächsten
Nachmittag begann die Beladung vom Krankenbetten, Rollstühlen sowie weiterem,
dringend benötigtem Kleinmaterial das von Round Table eingesammelt und zwischengelagert
wurde.
Durch die
vielen Helfer waren wir in zwei Stunden fertig, und haben uns am Abend auf dem
Weg nach Hannover gemacht, wo der Konvoi am nächsten Tag starten sollte.
Pünktlich
zehn Uhr waren die LKWs zwei mit Ingo und Nils und drei mit Peter und Hinrich
eingetroffen, auch hier wurde ich als „Neuling“ sofort aufgenommen, als wenn
wir uns schon viele Jahre kennen würden.
Gegen elf
Uhr setzten wir uns mit drei Fahrzeugen in Bewegung Richtung Odessa (Ukraine)
und erreichten ohne größere Probleme gegen 23 Uhr die ukrainische Grenze.
Alles fertig machen und... |
Peter musste
etwas mit den Behörden verhandeln, da sich in Sachen Abfertigung wieder einige
Neuerungen ergeben haben. Kurze Zeit später ging es an den wartenden LKW vorbei
und wir standen auf dem Zollhof wo ich dann die „Motivation“ der
Zoll-Mitarbeiter kennenlernen durfte, aber auch hier zeigte sich die Erfahrung
von Peter Skiba welcher immer eine Lösung für Probleme hat (Peter, dafür
bewundere ich dich immer noch wie ruhig und gelassen du da bleibst!) und so
verging die gesamte Abfertigungszeit von gerademal 14 Stunden wie im Flug.
Gegen 15 Uhr
am Sonntag hatten wir dann die Verzollung geschafft und setzten uns wieder in
Bewegung, um die restlichen knapp 800 km zurückzulegen.
Nach einem
kurzen Abendessen in einem typisch ukrainischen Restaurant ging es weiter über
die Holperpiste bis zur ersten Polizeikontrolle in welcher uns mitgeteilt
wurde, dass wir über eine für LKW gesperrte Straße gefahren sind. Da das
Verbotsschild in einem Baum angebracht war, konnten wir dies natürlich nicht
sehen.
Als Team
haben wir ins Zeug gelegt und den Beamten erklärt, dass wir als Freunde hier
sind und Gutes tun – nach einer halben Stunde durften wir dann auch
weiterfahren. (ja Peter, auch dort habe ich dich wieder für deine Ruhe
bewundert!).
Inzwischen
waren es noch ca. 80 km als wir kurz vor Odessa nochmals in eine Kontrolle
kamen, hier war die Sache schon etwas verzwickter, aber auch hier hatte Peter
wieder die Ruhe weg und einen Plan im Hinterkopf, welcher greifen würde, sollte
es keine Weiterfahrt geben (Danke, Peter!). Nach einer weiteren Stunde
Verzögerung kamen wir gegen 13 Uhr im Zollhafen von Odessa erschöpft aber
glücklich an, wo uns Vitali empfangen hat und uns in unsere Unterkunft brachte.
Natürlich
wollten wir die Stadt stehen, also schnell frisch machen und los ging‘s. Ich war
erschrocken wie groß hier die Kluft zwischen arm und reich ist. Was ich aber
noch schlimmer fand: von den Leuten, die in den Straßen zu sehen waren, hatte
keiner auch nur ein kleines Lachen im Gesicht. Alle mit
ernstem Gesicht und teilweise den Blick zum Boden gerichtet als würden sie sich
unterdrückt fühlen, das hat mich schon beschäftigt. Auch im Restaurant, kaum
eine Möglichkeit mit den Leuten ins Gespräch zu kommen.
Am nächsten
Morgen ging es nach dem Frühstück zum Entladen. Vitali und seine Freunde hatten
bereits alles vorbereitet, es waren unzählige Sachen an Hilfsgüter für
Krankenhäuser usw. an Bord, insgesamt haben wir knapp 20 Tonnen Material
übergeben. Auch wenn alle Beteiligten beim Entladen wieder kein Lachen im
Gesicht hatten, konnte man Ihnen die Dankbarkeit über die Überbringung der
Hilfsgüter ansehen.
Es macht
einen schon nachdenklich in was für einer Wegwerfgesellschaft wir leben. Der
größte Teil der Sachen ist noch vollkommen heil und es gibt eigentlich keinen
Grund, die Dinge auszutauschen oder wegzuwerfen.
Jedoch gibt
es oft Gründe in Deutschland, warum Sachen, die noch gut sind, ausgetauscht
werden müssen.
Gegen 17 Uhr
waren wir wieder in unserer Unterkunft, nach einem gemeinsamen Abendessen in
der Stadt sollte am Mittwoch früh um 10 Uhr die Abfahrt nach Deutschland sein,
was aufgrund von Tanken und langer Verabschiedung der neu gewonnenen Freunde
etwas länger dauerte.
Bis zur
Grenze Ukraine-Polen kamen wir gut und ohne Verzögerung voran, jedoch war ich
wieder überrascht, dass man für die knapp 800 km aufgrund der
Straßenverhältnisse 16 Stunden einplanen muss.
An der
Grenze angekommen legte sich Peter wieder voll ins Zeug, aber diesmal konnte er
nichts ausrichten, die Grenze sollte für die nächsten 36-48 Stunden geschlossen
bleiben.
Wir
entschieden, bis zum Morgen zu schlafen. Ich hatte „Grenzdienst“ und blieb
wach.
An der Grenze - mal wieder warten... |
Wie von
Geisterhand wurden die Tore zur Grenze auf einmal geöffnet und bevor diese
wieder geschlossen wurde, rückten wir nach und standen auf dem Zollhof in der
langen Schlange.
Abgesehen
von den bekannten Hürden und teilweise sinnlosen Wegen zwischen den einzelnen
Stationen konnten wir die Zöllner – das ist uns schon bei der Hinfahrt aufgefallen
– immer wieder Mal beim Solitär-Spielen beobachten.
Wir mussten
selbstverständlich immer vor der Station warten. Mit viel Glück dauerte es nur
zehn Minuten und wir wurden begrüßt mit „hast du Alkohol dabei?“ was ich
natürlich verneinte. Teilweise einigte man sich auf eine Zigarette und man
bekam den benötigten Stempel für die nächste Station. Trotz leerer Fahrzeuge
hat die Abfertigung ganze acht Stunden gedauert.
Gegen 8 Uhr
konnten wir endlich den europäischen Boden auf polnischer Seite wieder betreten,
noch fix durch die Röntgenanlage, Fieber messen – Corona hatte weite Teile
Europas schon fest im Griff – und wir setzten uns geschlossen in Bewegung in
Richtung deutscher Grenze.
Nach einer
Stunde Fahrt war es Zeit für ein Frühstück unter freiem Himmel auf einem
Parkplatz, jeder holte seine letzten Verpflegungsvorräte raus und wir genossen
die Sonnenstrahlen.
Gegen 18 Uhr
erreichten wir die deutsche Grenze. Nachdem wir die Mautgeräte abgegeben hatten
war es Zeit für die erste Verabschiedung von Fahrzeug eins: Peter und Hinrich
hatten das Ziel Berlin, wo beide noch am Abend die nächsten Spenden einsammeln
wollten.
Für uns ging
es weiter, vorbei an meiner Heimat in Richtung Kirchheim, in Höhe Erfurt war
dann der Abschied von Nils und Ingo bei einem letzten Kaffee.
Wir
erreichten unser Ziel Kirchheim gegen 1.30 Uhr, wo mich Uwe dort absetzte, wo
mein Abenteuer vor 8 Tagen begonnen hat, ich packte meine Sachen und
verabschiedete Uwe welcher noch bis Frankfurt musste, wo er am Freitag früh den
LKW abgeben wollte.
Es folgte
meine 3 stündige Heimfahrt mit dem PKW nach Dresden, wo ich gegen 6 Uhr ankam
und von meiner Familie glücklich ich den Arm genommen wurde.
Zusammenfassend,
auch wenn es teilweise anstrengend war: es war eine Woche voller neuer Eindrücke
und Abenteuer in einem super Team, wo ich von Anfang an mit offenen Armen
aufgenommen wurde.
Nicht mehr
benötigte Materialen in Länder zu bringen, wo es auf jede Hilfe ankommt, finde
ich eine super Idee. Ich hoffe und denke, dass sich in nächster Zeit weitere
Möglichkeiten ergeben und ich somit noch andere Länder kennenlernen darf,
welche die Hilfe des Freunde helfen! Konvoi dringend benötigen und vielleicht
bin ich wieder als Teil des Teams mit am Start.
Danke,
Freunde!
Danke, Ringo!
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