Sonntag, 25. Dezember 2011

Reisebericht von Karsten Korpis, RT 152

Hallo liebe Leute,
nun will auch ich mich mal als Reiseschriftsteller versuchen, nur so viel vorweg, das schreiben gehört nicht zu meiner Kernkompetenz, man möge es mir nachsehen.

Der Entschluss den Konvoi mitzufahren stand schon vor ein paar Jahren fest, aber bis jetzt war nie die Zeit dafür. Aber durch Udos Bericht aus dem letzten Jahr hatte ich mir am Jahresanfang fest vorgenommen mitzufahren. Uns so begab es sich das ich mich frühzeitig im KIS als Fahrer eingetragen hatte. Nach Rücksprache mit Udo sollte ich aber bald erfahren, das ich mit nach Rumänien fahre. Kein Problem. Und so lass ich mit Interesse die Infobriefe. Zudem besorgten wir vom Braker Tisch auch einen 40 Tonner der Firma LIT und den Reisebus von Wiards so dass wir optimal auf Reisen gehen konnten. Dann, es war ein Abend an dem ich schon im Bett lag, rief mich Nicole an und fragte, ob ich ein Problem damit hätte mit in die Ukraine zu fahren, es würden dort Fahrer fehlen. Und so ging es dann in die Ukraine.

Aber vorher haben wir ordentlich Werbung an den Grundschulen und Kindergärten in der Region gemacht und konnten dann am Freitag schon mal über 700 Päckchen mit nach Hanau nehmen.

Beeindruckt von der Logistischen Meisterleistung der Hanauer Tische ent- und beluden wir dann noch die Ukraine LKW und den Bus. Nach einem kurzen Besuch des Weihnachtsmarktes fielen wir Wesermärschler Udo, Peter, Marcel und ich dann in unser Hotelbett.

Am Samstag dann große Verabschiedung am Industriepark. War schon ein tolles Gefühl von so vielen Menschen zu gewunken zu werden. Die Stimmung im Bus war gut, ein erstes Kennenlernen findet statt. Am Abend in Dresden wurden wir dann herzlich bei einer leckeren Soljanka begrüßt und auch wieder verabschiedet. Die erste Nacht auf Achse durch Polen. Irgendwann zu spätere Stunde bin ich dann auf den Lkw von Rolf, Rolf und Mirco gewechselt. Und ich muss sagen, eine ganz tolle Truppe mit der ich mich tage- und nächtelang sehr gut unterhalten und verstanden habe.

Bei der Einreise von Polen in die Ukraine wurde es spannend, klappt alles? Müssen wir den Bus ausräumen wie das Pärchen vor uns mit dem VW Bus? Sind alle Pässe da? Und die Papiere für den Zoll. Aber nach „nur“ 5-6 Stunden war diese Hürde genommen, die LKW wurden verplombt und nach einer Mahlzeit auf einer Ukrainischen Raststätte ging es weiter. By the way, es gibt viele trostlose Orte, aber eine mit Neonlicht Beleuchtete Raststätte gehört auch ohne Zweifel dazu...

Weiter ging unserer Reise durch die Ukraine. Was mir dabei am meisten aufgefallen ist, war neben der teilweisen schlechten Wegstrecke auch das Fehlen jeglicher Lichter abseits der Straße. Wir fuhren durch die Kornkammer Russlands, die Felder so groß wie mache Gemeinden bei uns. Beeindruckend auf jeden Fall. Nach einer weiteren Nacht im Lkw und einem herrlichen Sonnenaufgang kurz vor Odessa gab es eine schönes Frühstück mit ordentlichem Kaffee und auch die Möglichkeit sich mal ein wenig Frisch zu machen.

Kurz darauf haben wir die Lkw beim Zoll in Odessa abgegeben damit dort die Verzollung und sonstige Formalitäten durchgeführt werden können. Der Bus mit uns Helfern hat draußen gewartet und bei angenehmen Temperaturen den Fahrzeugverkehr und das durchfahren sehr tiefer Schlaglöcher beobachtet. Voyeurismus...

Zielort in Odessa war die DELKU, die Deutsche Evangelische Kirche der Ukraine. Wir wurden sehr freundlich und herzlich von dem stellv. Bischof Andreas aufgenommen. Die Zimmer wurden verteilt und endlich konnten wir nach über zwei Tagen duschen. Was für eine Wohltat. Später wurden die Teams und Lkw aufgeteilt, ich sollte mit nach Kirowograd, das liegt ca. 300 km nordwestlich von Odessa. Wir hoffen auf frühzeitige Freigabe durch den Zoll.

Andreas zeigt uns die Kirche und den Kindergarten, wo auch schon im Sommer das Projekt „1000 Kinder sehen, 1000 Kinder hören“ stattfand. Das war alles sehr beeindruckend, zumal Andreas von der DELKU die richtigen Worte für unser Handeln fand. Wer dabei war, weiß was ich meine, für alle Anderen: Ich kann das gar nicht wiedergeben, aber wenn wir im Zusammenhang mit den Worten „Verrückt“ und „Ich glaube an Wunder“ erwähnt werden ist das schon etwas ganz besonderes. Das war auch der Grund, weshalb wir die Andacht am Abend besucht haben. Die Kirche war zur Hälfte mit „Rotjacken“ gefüllt, daher hat Andreas die Andacht in Ukrainisch und Deutsch gehalten. Wenn ich dann an die klang-gewaltige Orgel denke, läuft mir das Schauer noch immer den Rücken runter.

Am Abend sind wir geschlossen in unseren roten Jacken in die Innenstadt gegangen um dort gut und lecker zu essen. Odessa machte mehr und mehr den Eindruck einer sehr schönen Stadt, gerade die Fußgängerzone. Ansonsten würde ich die Stadt mit den Städten der ehemaligen DDR zur Wende vergleichen, die Bausubstanz bröckelt etwas, aber man erkennt die Schönheit darin. Die Straßen mit Kopfsteinen gepflastert, links und rechts große Bäume. Im Sommer scheint die Stadt sehr grün zu sein.

Die nächsten Tage verbrachten wir mit warten. Zwischendurch haben wir bei der DELKU den Spielplatz aufgemöbelt, Mietwagen organisiert und gewartet. Unsere Teamleiter und Dolmetscher zusammen mit Karin Strenz sind beim Zoll und versuchen alles um die 15.000 Päckchen aus dem Zoll zu bekommen.

Mittwoch gibt es eine Pressekonferenzen bei der DELKU und auch beim Zoll. Unser gesamtes Team in roten Jacken „stürmt“ den Zoll um dort ein wenig für Aufsehen zu sorgen. Aber auch Mittwochabends verlassen wir den Zollhof ohne Päckchen.

Bei der anschließenden „Krisensitzung“ werden verschiedene Möglichkeiten des weiten Vorgehens durchgesprochen, wie z. B. die Päckchen dem Präsidenten zu schenken. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass in den nächsten Jahren auch weiterhin Päckchen in die Ukraine geschickt werden sollen, bleibt das nur Theorie. Rolf Nagel brachte dann aber den guten Vorschlag am Donnerstag in das Kinderdorf Mikhailowka etwa 120 km südlich von Odessa zu besuchen. Dort wurde in den vergangen Jahren durch Tommy und die Old Tabler einiges bewegt, z. B neue Betten für 120 Kinder.

So packten wir all unserer Süßigkeiten, welche wir für die Kinder in unseren Reisetaschen hatten, ein und fuhren los. Die Strecke ging ein paar Kilometer durch Moldawien, auch hier Grenzkontrollen. Aber nur 2 Min. warten und Freifahrtbescheinigung auf Abreißblock. Geht doch...

Dann das Dorf. Begrüßt durch den Heimleiter und einigen Kinder entluden wir unsere Geschenke und konnten die gesponserten Brotdosen im Büro der Heimleitung mit den Süßigkeiten füllen. Anschließend haben wir die Dosen dann in den einzelne Klassen- und Aufenthaltsräumen an die Anwesenden Kinder verteilt. Welch eine Freude, so viele Süßigkeiten. Das tauschen untereinander beginnt. So haben wir zumindest etwas für Weihnachtliche Stimmung sorgen können.

Die Gebäude an sich machten einen sauberen Eindruck, die Farbe an den Wänden war, soweit ich das sehen konnte, auch noch relativ frisch. Aber den Geruch in diesen Häusern werde ich nicht vergessen. warme, schimmelige Luft bei der jeder Bauphysiker eine Krise bekommt. Gesund ist das nicht.

Beim Rundgang durchs Dorf haben wir auch die „Heizung“ gesehen, ein Relikt aus längst vergangenen Tagen wo im Winter ein Heizer alle paar Stunden Steinkohle von minderer Qualität nachfüllen muss. Aber es war sehr erfreulich zu hören, das bereits eine neue Heizung in Deutschland bereit steht und diese nächstes Jahr durch Tabler Hilfe aufgebaut werden soll.

Befestigte Wege gibt es wenige im Dorf, so ist auch der Weg zur Toilette unbefestigt. Ich mag mir nicht Vorstellen wie das bei Regen oder Schnee aussieht. Die Toilette selber ist auch sehr gewöhnungsbedürftig, nur Löcher im Boden, ob es eine Kanalisation gibt weiß ich nicht. Wahrscheinlich eher nicht.

Als nächstes gingen wir zur Sporthalle. Die war letztes Jahr eingestürzt, konnte aber wieder aufgebaut werden. Der Sportboden aber ist total kaputt, wenn dort ein Kind fällt, sitzen die Splitter tief. Der Weg in die Halle ist mit Asbestplattenresten gesäumt.

Die Rückfahrt nach Odessa war sehr still, jeder musste das gesehene Verarbeiten. Ich habe am Abend mit meiner Familie telefoniert und musste lange Schlucken da ich meine beiden Töchter in wohlbehaltener Umgebung weiß, aber ja nun auch das andere Ende gesehen habe.

Eine freudige Nachricht ereilte uns aber noch im Dorf, die Lkw sind aus dem Zoll raus. Das heißt nochmal alle anpacken, Menschenkette bilden und 3 Lkw bei der DELKU entladen. Das hat ca. 4 Stunden gedauert, danach konnten wir abends um 22 Uhr wieder Richtung Deutschland starten.

Irgendwann Nachts in Polen sind wir an einem Verkehrsunfall vorbei gekommen. Die Lkw sind weiter gefahren um Platz zu lassen, aber der Bus hat Erste Hilfe geleistet und den Verkehr bis zum Eintreffen der Polizei und Krankenwagen geregelt. Leider kam für den Fußgänger trotz der Hilfe durch unseren Arzt Michael und dem Sanitäter Oliver jede Hilfe zu spät. Welch ein trauriger Zwischenfall.

Am Samstagmorgen sind wir wieder in Deutschland, auf dem Rastplatz Oberlausitz werden Gruppenbilder gemacht und wir verabschieden uns sehr herzlich voneinander, die eine oder andere Träne rollt. Aber das ist kein Wunder, haben wir doch in dieser einen Woche so viel miteinander erlebt und gesehen.

Aber noch sind wir nicht zu Hause. Rolf, Mirco, Udo, Oliver und ich fahren mit zwei Lkw nach Minden, dort wird der Lkw 1. dankenswerterweise von Rolf Nagels Jungs übernommen, sonst hätten wir noch nach Mönchengladbach fahren müssen. In Minden warten wir dann auf „unseren“ LIT LKW aus Rumänien, den wiederum Karsten und Michael aus Hanau mitbringen. In Minden werden wir von Mitfahrer Oliver und seiner Freundin Melissa mit einer Stadtführung, Weihnachtsmarkt und Suppe versorgt. Anschließend durch halb Minden gefahren und als wir unseren LKW hatten, auch noch aus Minden ausgeführt. Und dabei hatte Oliver einen Hexenschuss... Vielen Dank euch beiden, hat uns echt Spaß gemacht.

Die letzten 140 km nach Hause waren ein Katzensprung. Irgendwann nach 23 Uhr am Samstag sind wir dann in Brake und werden durch Lars, Andreas und Kai begrüßt. Ein toller Abschluss, mit fünf Tabler im Führerhaus sitzen und bei einer Flasche Bier einen kurzen Reisebericht abgeben.

Fazit:

Trotz aller Widrigkeiten im Zoll und der teilweise verschreckenden Bilder im Kinderdorf werde ich nächstes Jahr wieder mitfahren. Ein Teil einer Gruppe zu sein, welche innerhalb kürzester Zeit so zusammen wächst und dann auch ziel-orientiert versucht zu einer Lösung zu kommen macht mich sehr stolz. Es hat mich gefreut dabei gewesen zu sein. Aber das Ganze wäre ohne die Dolmetscher, freiwilligen Helfer, Tabler und Old-Tabler nicht möglich gewesen.

Ich wünsche allen eine schöne Weihnachtszeit, einen guten Rutsch und ein tolles Jahr 2012. Lasst uns die Welt ein bisschen besser machen.

Yit, Yif und liebe Grüße

Karsten

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